Warum Feedbackelemente klassische Managementmethoden ad absurdum führen – Gedanken aus der Welt der Wertströme

Liebe Führungskräfte,

heute will ich aufzeigen, weshalb klassische Managementmethoden versagen, sobald diese auf Feedbackelemente im Wertstrom treffen. Wer hier nur in linearen Kausalketten denkt und auf die permanente Kontrolle im Kontext von Prozessen, Zeiten, Zwischenergebnissen und Arbeitsanweisungen setzt, kriegt die Realität nicht zu fassen.

Der Wertstrom
Ein Wertstrom ist die Summe aller Tätigkeiten, die notwendig sind, um aus einer Idee Wert zu generieren. Dabei kann es sich z.B. um Produktions- oder Verwaltungstätigkeiten mit vordefinierten und somit im voraus bekannten Prozessen oder aber auch um Wissensarbeit handeln. Zur Wissensarbeit (u.a. auch die Softwareentwicklung) gehört jede Tätigkeit, die dazu dient, ein noch unbekanntes Produkt zu entwickeln.

Je nach Art der Arbeit ist ein Wertstrom unterschiedlich beschaffen: einfach, kompliziert oder komplex.

Eigenschaften von Wertströmen
Einfach

  • Linear in Struktur und Ablauf
  • Eindeutig plan- und vorhersehbar; “Best Practices” problemlos anwendbar
  • Inhalte im Voraus vollständig bekannt
  • Wertstrom einfach zu kontrollieren
  • Elemente des Wertstroms stets sichtbar und daher eindeutig planbar
  • Engpässe in der Regel leicht identifizierbar

Kompliziert

  • Linear in Struktur und Ablauf – allerdings mit mehr Verbindungen und Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Elementen
  • Inhalte im Voraus bekannt
  • Ablauf eindeutig plan- und vorhersehbar, Expertenwissen vorausgesetzt
  • Elemente des Wertstroms weiterhin stets eindeutig ortbar
  • Wertstrom um den Preis eines höheren Aufwands und häufigerer Fehler noch kontrollierbar
  • Engpässe schwieriger zu erkennen und zu beheben

Komplex

  • Struktur und Ablauf nicht mehr plan- und vorhersehbar
  • Unsichere und volatile Umgebung
  • Wertstrom nicht mehr linear aufgrund Rekursion / Feedback
  • Elemente nicht mehr eindeutig im Wertstrom ortbar
  • Inhalte nicht mehr im Voraus bekannt, da sie erst im Laufe des Wertstroms entstehen bzw. sich verändern
komplexer wertstrom
Bild: Komplexer Wertstrom mit Feedbackelementen (Gelb)

Fazit
Wertströme mit einfacher oder komplizierter Struktur findet man v.a. in der Fließbandarbeit oder Massenproduktion. Hier sind klassische Managementmethoden i.d.R. erfolgreich anwendbar. Komplexe Wertströme dagegen bedeuten immer eine unsichere und volatile Umgebung, die mit klassischen, kausal-linearen Managementmethoden im Sinne tayloristischer Kontrollmechanismen nicht bewältigt werden können. Sie erfordern eine völlig andere Herangehensweise, die sich mutig und offen im Umgang mit Komplexität und Unbestimmtheit stellt.

Empfehlung
Führungskräfte sollten versuchen, ihr bisheriges Management Know-How hinter sich zu lassen, und sich vom Glauben, Führung in Umgebungen mit komplexen Wertströmen sei gleichbedeutend mit “Kontrolle”, abwenden. Besonders in Stresssituationen gilt es, vor einem reflexartigen Rückfall in tayloristische Führungsmuster auf der Hut zu sein. Wer Komplexität und Unbestimmtheit dagegen willkommen heißt, wird in seiner Tätigkeit als Führungskraft eine neue Berufung finden.

Anmerkung des Autors: Ein Wertstrom kann auch chaotisch sein. Der erfolgreiche Umgang mit solchen Wertströmen erfordert eine spezielle Herangehensweise (z.B. Design Thinking).

Werte-Macher